Am nächsten Morgen weckt uns wieder der Hunger und zusammen mit Hasan und Hasret frühstücken wir im gegenüberliegenden Lokal, typisch türkisch, Menemen. Eine warme Speise aus halb gebratenen Eiern durchmischt mit Käse, reichlich Paprikapulver, Tomaten und zusätzlich überbackenem Käse. Dazu gibt es Ekmek, einfaches Weisbrot, zum Aufnehmen des warmen, würzigen Frühstücks. Danach müssen die Jungs in die Uni, ihre letzten Prüfungen bestehen. Die Haupstraße in Ipsala, ist Geschäftsstraße, Anlaufpunkt für Stadtgespräche und Treffpunkt zur Mittagspause. Die neuen Namen, Supermärkte, kleinen Lädchen, neue Produkte und das Preisniveau muss erst erkundet werden um sich einen realistischen Eindruck machen zu können.
Zurück im spartanisch eingerichteten Wohnzimmer stellt sich nach dem Examensstress ein Gefühl von Entspannung und Gelassenheit ein. Hasan und seine Jungs servieren Chai mit reichlich Zucker und die Googletranslate-Maschine nimmt Fahrt auf J Die Jungs und wir sind gleichermaßen interessiert: Alter, Beruf, Beziehungsstatus, Familie, Geschwister, favorisierte Fußballmannschaft, Wohnort… erst die Eckdaten, dann Reiseberichte, ob wir Lena Meyer-Landruth kennen und gegen Ende, wie uns die Türkei gefällt? Bei letzterer Frage müssen wir passen, die Stimmung in Ipsala und in Hasan’s WG gefällt uns sehr gut, sie lachen und wir werden gedrückt. Die WG ist die erste Station hinter der Grenze. Über 65 Radler, zeitweise Gruppen, ja ganze Familien haben die Jungs beherbergt, alle auf der Seidenstraße unterwegs. Fotos, Geschichten und kleine Videos hat jeder von ihnen parat, die stolz gezeigt werden. Wir kommen auf die Wahlwerbung zu sprechen und erfahren das die knapp 70 Millionen Türken in einer Woche ein neues Parlament wählen. Im gleichen Zuge und mit der Ankunft der Cousins, seitens Hasans, verstehen wir die Zusammensetzung der WG. Einzig Hasret und seine Freundin sind türkischen Ursprungs, die vier restlichen haben kurdische Wurzeln und als einer der Verwandten zur Gitarre greift und eines der Volkslieder anstimmt, steigt mitten am Nachmittag die Fete und alle zelebrieren den traditionellen Tanz zwischen Sesseln, Sofas, Radtaschen und herumliegenden Jonglierkeulen. Die Stimmung ist super, kurz zuvor sind Beccy und Rob aus England mit den Rädern angekommen, wir zeigen ein Paar einfache Jonglagemuster und Akrobatik-Figuren, dann folgen Kartenticks und gleichzeitig wollten wir „gerappte Plätzja“ für die Gastgeber brutzeln, zum Glück hilft uns Beccy in der Küche und Rob lenkt die zehn hungrigen Jungs vom Hungergefühl ab. Abends steigt im Lokal gegenüber eine Art Semesterparty. Das Wohnzimmer leert sich allmählich, bis spät in die Nacht wird gefeiert und im Wohnzimmer fliegen lernende Jonglierkeulen. Als wir am nächsten Morgen zusammen mit Beccy und Rob in unserem (Hasan’s Schlafzimmer) frühstücken, liegen in wilden Positionen die vor kurzem noch Feiernden verstreut im Wohnzimmer. Es ist kurz vor 11:00 als die Räder startklar sind und Hasan, zusammen mit Sezar, noch leicht zerstört, die letzten Fotos schießen und wir zu viert von der anderen Straßenseite winken. Zwei Tage und drei Nächte durften wir uns ausruhen, uns heimisch fühlen und die außerordentlich netten Jungs ein Stück kennenlernen. Vielen Dank! Die Sommerferien warten schon auf Euch 🙂
Istanbul liegt vor uns!
Zitat OpenWikiReiseführer – zu Rad in Istanbul:
„Radfahrer zählen in Istanbul zu den Exoten. Abgesehen von der Hügelstruktur, dem unebenem Kopfsteinpflaster und den Schlaglöchern ist es gefährlich: Im Gegensatz zu einem Fussgänger zu wenig beweglich um rasch ausweichen zu können, im Gegensatz zu den motorisierten Verkehrsteilnehmern zu langsam, dürfte Radfahren in Istanbul nur etwas für Masochisten und potentielle Selbstmörder sein.“
Vieles hatten wir gehört, unterwegs, im Vorfeld gelesen, Bilder im Kopf gezeichnet von katastrophalem Verkehr, kniehohen Bordsteinen und 10 spurigen Autobahnen die in komplizierten Auf- und Ausfahrten enden. 10km hinter Ipsala, 10km näher dem Ende des europäischen Festlandes auf sanften Hügeln auf gradliniger Autobahn in Gedanken an das uns Bevorstehende treffen wir plötzlich auf eine ehemalige Backpackergruppe, die seit Istanbul auf Fahrrädern dem Weg nach England folgt. Endgültig entscheiden wir, nicht mit dem Fahrrad in die 20 Millionenstadt einzufahren. Volles Vertrauen habe ich nicht, später im offenen Gespräch hatten diese auch Rob, Beccy und Leonie nicht, die Schilderungen der Backpacker wirken cool und hip, ungewohnt selbstsicher geben sie sich in ihren Angaben über Land und Leute nach denkbar kurzer Zeit auf zwei Rädern. Der Weg führt uns nach Süden mit der Idee an der Küste des Marmara-Meers Richtung Bursa zu fahren und von dort die Fähre ins Zentrum zu wählen wird zum Plan für die nächsten Tage. Rückblickend eine gute Entscheidung, vor allem mit den offenherzigen und gelassenen Randoneur-Minimalisten zusammen zu radeln, die beste Entscheidung. Wir genießen den Austausch von Zukunftsideen, den Gegenwartsideen und vieler Reiseerfahrungen. Die Beiden sind im Frühwinter in England gestartet, über Frankreich und Spanien und haben den Winter in Marokko verbracht, immer im „warmen“ Richtung Osten 🙂 Zehn Monate sind die beiden bereits unterwegs. Sehr spontan und doch mittendrin, reisen und arbeiten sie unterwegs als Filmemacher, in dem sie Interessierten ihre kleinen kreativen Werbespots für jegliches Gewerbe anbieten.Vieles deckt sich mit unserer Vorstellung des Reisens, die alltäglichen Dinge: Aufstehen, Mahlzeiten, Verdauung, Verwertung, Abgang des Verwerteten, Pausen, Konsumverhalten, Camping, Bettgehzeit, die Grundeinstellungen Neuem gegenüber einzig die Geschwindigkeit und Distanz sind verschieden (natürlich spreche ich von meiner Vorstellung) J Macht aber nichts, denn 4 Tage strammer Gegenwind haben mich letztlich auch ans Ende meiner Reserven gebracht. Als wir am Strand zu unser aller Zufriedenheit den ersten gemeinsamen wirklich schönen Platz finden sind Leonie und ich im Vergleich zu Rob und Beccy etwas unkoordiniert. Mit Blick zu den Beiden, installiert Beccy ihre neue Küche und startet parallel die Zubereitung von Gemüse und Beilage, Rob stellt das Zelt, pustet Isomatten auf und bereitet den Schlafplatz, danach gibt er sich an Näh- und Flickarbeiten und sortiert Lebendmittel in Taschen oder legt vom Mittagessen benutztes Besteck in die Schüssel, in der er nach dem Abendessen den Abwasch vornimmt. Wir, zur gleichen Zeit, baden im Meer, duschen uns an der Solardusche und widmen uns dann unserem abgeworfenen Gepäck um uns frische Klamotten anzuziehen, dann starten auch wir unsere Küche und bei den letzten Löffeln lacht uns die Sonne aus Westen entgegen. Wir lassen unser Zelt die Nacht im Packsack. Erstens verspricht der Sandstrand keinen guten Halt und zweitens ist für die kommenden Tage kein Regen gemeldet, was eine klare Vollmondnacht bestätigt. Im Spotlight of moon gehen wir zu Bett und freuen uns auf Morgen. Beim Frühstück müssen wir den beiden gestehen, dass sie was Küche und Besteck angeht, zu unserem Neid bestens ausgestattet sind. Sie gestehen, dass der jetzige Stand das Resultat aus vielen Versuchen ist, aktuell sind sie sehr zufrieden mit ihrem Equipment. Beide konnten es kaum fassen, das wir täglich duschen und dafür 10 Liter zusätzlich in Kauf nehmen. Auch eine Art von Neid 🙂 Wir fahren weiter und nehmen die Fähre von Gelibolu nach Çardak. Das zweite Frühstück ist Böreck mit Seeluft, uns geht es super gut. Den Gegenwind hatte ich erwähnt, 80km pro Tag, völlig ausreichend und für Beccy und Rob eine echte Herausforderung. „We are cycling with two german maschines!“ Bekommen wir hin und wieder zu hören, was so viel heißt wie: Wir brauchen eine Pause zum Trinken, wann machen wir Mittagspause? 🙂
English version:
Istanbul lying ahead.
Before getting there, we’ve heard and read a lot about Istanbul, imagining terrible traffic, knee-deep pavements and ten-lane highways that end up in intricate driveways or exits. Leaving behind Ipsala, lost in thought about what is lying ahead of us, 1o kilometers closer to the end of continental Europe on soft hills and an even highway, we suddenly meet a former group of backpackers who changed to cycling in Istanbul, making for England now. That’s when we decide on not making for the city with more than 20 million people by bike. I feel a little uneasy, later Rob, Beccy and Leonie tell me they are a little worried either. The backpackers’ portrayals sound cool and hip. Even though they are travelling by bike for so short a while, they seem confident while telling us about the country and the people.
Cycling along the Marmara coast in the direction of Bursa and – once there – taking the ferry to the Centre, turns into our plan for the following days. On looking back, this was a good decision. Above all, cycling together with the open-minded and laid-back Randoneur-minimalists was the best of all decisions. We enjoy sharing visions for the future and the present and lots of travelling experiences. In early winter, targeting the East and always keeping to ‘warm’ places, the couple set off in England crossing France and Spain and passed the winter in Morocco. J They’ve been travelling for ten month already. Being very spontaneous and ‘connected’ at once, they are travelling about and all along working as movie makers by offering their short creative commercials for any kind of business to those interested. When thinking about travelling, there are lots of similarities between us and them. e.g. the everyday practices – getting up, meals, digestion, using of leftovers, aftertaste of leftovers, breaks, consumer behaviour, camping, bedtime, the general attitude towards new things . . . velocity and distance are the only things that we don’t share (apparently that’s my point of view) 🙂 Well, never mind, because after four days of rough headwind I am all worn as well.. When we happily make out the first really nice spot on the beach together, Leonie and I turn out to be not as co-ordinated as Rob and Beccy. While Beccy installs her new kitchen and starts preparing vegetables and side dishes, Rob sets up the tent, pumps up sleeping mats, gets the whole place settled for sleeping and afterwards turns to patchwork, sorts out/places food into bags or puts lunch-used cutlery into a bowl in which he later on washes the dishes. All the while, we are swimming in the sea, taking a solar-driven shower and then care about our tossed-aside luggage to put on some fresh clothes. Then, we start cooking as well and during the last spoons the sun smiles at us from the west. This night, we leave our tent in the bag. Because, first of all, the sandy beach doesn’t seem to hold the tent in place and – sencondly – there’s promised to be no rain throughout the following days – which the full moon night shows to be true. Under the spotlight of moon we go to bed and are looking forward to tomorrow. While having breakfast, we have to admit to the couple that we feel a little jealous of their lush kitchen equipment. They tell us that all they have now is the result of a lot of tries. Now, they are quite happy with their equipment. Both of them could hardly believe that we are taking a shower every day and are prepared to add on 10 litres for that. Some kind of jealousy as well. J We move on and take the ferry from Gelibolu to Çardak. Borek with sea breeze turns out to be the second breakfast – we are super happy. Have I mentioned the headwind? 80 kilometres per day – more than enough and a real challenge for Beccy and Rob. “We are cycling with two german machines!” – they tell us every now and again. Which means so much as: we need a drinking break, when are going to have lunch? 🙂
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