Malaysia I

Mersing – Tioman Island (09. – 14.07.)

Die Fähre ist voll besetzt mit Touristen aus aller Welt, doch nur wenige verlassen das Boot am ersten Anleger, an dem uns Mr. Go der Besitzer des Resorts in Empfang nimmt und uns gleich weiter an Max einen Helfer aus Argentinien reicht. Ying, die energiegeladene, zierliche Frau, die uns als Neuankömmlinge in der Gruppe der Helfer begrüßt ist eine meerestief gute Seele. Sie ist die alles organisierende Allrounderin und voll in ihrem Element, wenn der Außenborder anspringt, sie mit einer Gruppe Schnorchelneulingen aufs Meer hinaus fährt, die auch wir oft begleiten dürfen, um dann Fischen, Schildkröten und Haien hinterher zu schwimmen. Erlebnisse wie aus einer anderen Welt.

Leonie genießt die Zeit auf der Insel sehr, Ruhe, gute GesprächspartnerInnen und traumhafte Umgebung, getrübt jedoch durch die Sorge um meinen Gesundheitszustand.

Nach dem zweiten Anlauf den Arzt in Tekek aufzufinden, was nur über ein Wassertaxi, das Schnorchelausflugsboot oder eines mehr als 2 stündigen Fußmarsches möglich ist, sind wir erfolgreich, war doch der medizinische Dienst im Zeitraum der Feiertage um das Ende der Fastenzeit, nicht erreichbar. Mit einer für meine Verständnisse üppigen Ladung an Antibiotikum, Schmerztabletten und Beilage, registriere ich jedoch auch nach der Einnahme über vier Tage hinweg keine Besserung und zu mehr als im Bett liegen und dem Weg von 30m zur Toilette bin ich nicht fähig.

Unterdessen ist Ulle bereits informiert und mit ihrer Empfehlung verlassen wir am siebten Tag die Insel in Richtung „National University Hospital Singapur“, welches ich so schnell nicht mehr verlassen werde.

 

Kuala Terengganu – Mersing (02.07. – 09.07)

Am Verkehrsaufkommen ändert sich in der Folge nichts, alle Hoffnung nährt sich an der Option auf Tioman Island, einer fünfzig Kilometer vor der Hafenstadt Mersing gelegenen Insel, für einen Monat in entspannter Atmosphäre im Resort Aguna für Kost und Logis unsere Arbeitskraft anzubieten. Ying die Managerin, selbst Radfahrerin, begeisterte Taucherin und versiert im Segeln, hat uns bereits ihr OK gegeben und erwartete uns in einigen Tagen an der Jetty. Doch es kommt erst mal anders.

Mit dem Tag des Aufbruchs aus „KT“ setzen mich Nackensteifheit und Schmerzen im unteren Rücken außer Gefecht, die Tage sind anstrengend wie zuvor und erst abends tritt im Liegen eine leichte Linderung ein. Zunächst mache ich mir keine ernsthaften Gedanken, auch Leonie hatte vor einer Woche ähnliche Symptome, die mit Schmerzmitteln nach zwei Tagen in den Griff zu bringen waren.

In Kuantan, bei Peh, Khai Lin und Ethan, ihrem kleinen Sohn, geht es mir denn auch bedeutend besser. Ihre Vorfahren kamen einst aus China. Wie sie, gehen ihre Kinder zunächst auf chinesische Schulen, lernen englisch vor malayisch und müssen später in der Oberschule in kürzester Zeit die Landessprache erlernen. Wir sind sehr spontan bei Peh und seiner Familie untergekommen, morgen fährt die Familie nach „KL“ für ein paar Tage Urlaub. Beide sind lebendig an Europa und den Schulsystemen interessiert, denn beide unterrichten an Schulen und sehen die Art und Weise, wie in ihren Einrichtungen Bildung verstanden wird, äußerst kritisch. Work – Life – Balance ist ebenfalls ein Wort, das öfter fällt und so unterhalten wir uns bis spät in die Nacht über das Leben in Malaysia und die weite Welt. Eine unterschwellige Unzufriedenheit schwingt bei den vielen Themen offen mit. Denn die Chinesen werden von den Malayen nicht vollwertig als Teil Malaysias akzeptiert und die Regierung arrangiert mit diversen Ausnahmeregeln, die das Leben vieler Chinesen benachteiligt, ihren Teil dazu bei.

Am frühen Morgen verabschieden wir uns, bedanken uns für die spontane offene Gastfreundschaft und wünschen erholsame Tage in Kuala Lumpur. Kaum sitze ich wieder auf dem Fahrrad schwellen erneut die Nackenschmerzen entlang der Wirbel und eine mit Kopfschmerzen geschmückte Dauererschöpfung befällt meinen Körper. Am Hinterrad von Leonie kämpfe ich mich über den Asphalt, denn der Blick nach links und rechts ist massiv eingeschränkt. Heilfroh über einen ruhigen Schlafplatz am Meer, setzt am Nachmittag ein Intervall an Fieberstößen meine Körpertemperatur auf eine Achterbahnfahrt. Unruhig über den Symptomverlauf, der uns an Malaria denken lässt, werfe ich die ersten Tabletten der Profilaxe in mich hinein. Am nächsten Tag kann ich nur mit aller Not, im großen Abstand zur vorausfahrenden Leonie die Spur halten. Langsam rollt am frühen Abend ein erneuter Fieberschub über mich hinweg ich folge dem Plan der Medizineinnahme und schreibe einen Email an unseren Tropenarzt:

Hallo Dr.,

Es ist bereits knapp 1 1/2 Jahre her, als ich bei ihnen als Patient mehrere Tropenimpfungen und Beratungsgespräche hatte und im Anschluss mit meiner Freundin auf Fahrrädern nach Südostasien aufgebrochen bin.

Gerade sind wir in Malaysia und ich hoffe ich kann sie über diese Email um medizinische Unterstützung (Rat) bitten.

Eine Woche nachdem ich über 4 Tage emens viele Moskitostiche gesammelt hatte, traten bei mir der Reihe nach folgende Symptome auf:

– leichte untere Rückenschmerzen

– Nackenschmerzen und Kopfschmerzen

– schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der HWS beim Fahrrad fahren

– allgemeines Schwächegefühl

– Fieberschübe (heiße Stirn, Wangen und Füße) im Intervall von ca. 1-2 Tagen

– Bei leichter Tätigkeit -> Gefühl von erschwerter aktiver  Atmung

Nach dem zweiten Fiberschub, habe ich mich entschlossen das Medikament Riamet einzunehmen, bei Verdacht auf Malaria, welches ich am 09.07.2016 um 06:30 zum letzten Mal einnehme. Dann ist die Packung aufgebraucht.

In Mersing (Ostküste Malaysia) werde ich ins Krankenhaus gehen und nach einem Check-up bitten.

Nun meine Frage:

Sollte es sich um Malaria handeln, auf was muss ich im Anschluss achten? Medikamente, Radfahren, Ernährung?

Vielen lieben Dank im Voraus

Philipp Hilgert

Leider erhalte ich auf diese Anfrage nie eine Antwort und da mein Zustand eher schlechter lenkt als besser gebremst hat, suchen wir in Mersing das Hospital, um eine Einschätzung eines Mediziners zu erhalten. Man versichert uns die gleiche medizinische Versorgung in demselben Umfang auf der Insel zu und nach kurzer Diskussion entschließen wir uns die Fähre nach Tioman Island zu besteigen.

 

Tak Bei – Kuala Terengganu (22.06. – 02.07.)

Maysia, true Asia!

Mit einem hausgemachten mit Zitronensaft und Fischsoße gedressden Papayasalat, eigens gedampften Gauniau und einem Teller Gurkenschnitzen mit Gartenkräutern, verlassen wir Thailand. Die Zeit des Klebereis und der leckeren kleinen Bananen ist von dort an vorbei!

Wie in Kambodscha ist in Malaysia die Durian „King of the Fruit“ und wie in anderen muslimischen Ländern, steht die Wassermelone hoch im Kurs. Das Leben auf der Straße, so kommt es uns vor, ist an Menschen stark reduziert. Der Fastenmonat lässt sie bis in die Mitte des Tages dösen und wenn die ersten Böller und Feuerwerksraketen am Abend in den Himmel steigen regt sich bereits ein buntes Treiben auf den Essensmärkten um in gläubiger Gemeinschaft das Fasten zu brechen. Ausgenommen sind von diesem Treiben die chinesischen Malayen, die vor etwa drei Generationen aus dem fernen China, auf der Suche nach Arbeit in Malaysia eine neue Heimat fanden und ihre Kultur und Sprache bis heute bewahren.

In Kota Bharu der nördöstlichsten Stadt treffen wir zum zweiten Mal auf Tural, den radfahrenden Aserbaidschaner aus Baku mit dem Plan den Erdball einmal zu umradeln. Geschichten über den Pamirhighway und China werden aus der Erinnerung geholt und beim Abendessen wird laut über die meist gleichen Erfahrungen und Erlebnisse gelacht. Was uns jeden Abend unkonzentriert eine entsetzlich hohe Anzahl an Moskitostichen einhandelt, trotz Insektenspray, Rauchspirale und elektrischem Fliegentennis.

Der Klebereis, auch wenn wir ihm aus Gewohnheit nachtrauern, wird bald durch Roti Canai oder Nan aus eigener Produktion aufgewogen. Denn die Essensmärkte am Abend sind uns mit ihrem öligen Nasi Goreng oder dem Überangebot an Fleischgerichten nicht zuträglich und wie immer ist das frische Gemüse an den Verkaufsständen deutlich kostengünstiger und eigens zubereitet in Geschmack und Menge für uns ökonomischer.

Die Anzahl an Personen, die ihr Abendessen selbst zubereiten lässt sich nach unserem Empfinden an einer Hand pro hundert Einwohner abzählen, denn wenn die Massen in Scharen am Abend über die Essensstände herfallen und selbst einfacher Reis, fertig gekocht, in 3kg Portionen nach Hause getragen wird können wir keine bessere Erklärung für die Esskultur der „true Asia“ – people finden. So lässt sich auch die enorme Anzahl von Fast- und Junkfood Restaurants erklären, unabhängig ob einer Kette angehörig oder hausgemacht.

Drei Nächte lassen wir uns in Kota Bharu von den Insekten mit den Rüsseln melken. Danach ist unser Plan, der Reise zurück in die Heimat, deutlich näher als zuvor, unsere Taschen gefüllt mit Keropok (Fischchips), Nan und frischem Gemüse und der Tural breits eine Tagesetappe weiter südlich.

Bereits in „KB“ war uns das massive Verkehrsaufkommen im innerstädtischen Bereich aufgefallen. Jetzt auf den Hauptrouten zwischen den an der Ostküste gelegenen Städte bekommen wir den malayischen Auto-, LKW-, und Busfahrer zu spüren. Die Straßen gerade breit genug für zwei Autos, jeder Vergaser, ist das Vehikel noch so nah an einem Schrotthaufen, ist für ein ohrenbetäubendes Knattern aufgebohrt, seitlichen Abstand kennt man nicht und Überholen bei Radfahrergegenverkehr ist Nationalsport. Oft können wir nicht anders, denn Nebenstraßen gibt es kaum und so lassen wir unserem Ärger freien Lauf, fahren breit auf der Straße, dass wir als Teilnehmer oder zumindest als Hindernis wahrgenommen werden oder zeigen bei Ignoranz den Stinkefinger erigiert in Richtung Rückspiegel.

Radfahren in Malaysia is no fun at all!!

Deutlich entspannter ist das Gefühl wenn am Abend die Sonne im Meer vor dem Zelt untergeht, Kokusnüsse so groß wie Bowlingkugeln für das kommende Frühstück bereitliegen und es im Kochtopf leise köchelt. Zu unserem Glück sind wir nicht auf unseren Wasserfilter angewiesen, denn das Ersatzteil, das wir in Bangkok entgegengenommen hatten, war das falsche. Doch wie schon in Thailand sind in den Ortschaften meist Trinkwasserautomaten auffindbar, die gefiltertes Nass für wenig Geld in die PET-Flaschen abfüllen.

Bis auf die Höhe von Kuala Terengganu findet sich leicht ein ruhiger Platz am Strand, dann rasten wir erneut für drei Nächte in einem vollklimatisierten Hostel in der Stadt der Moscheen, riskieren den Kauf zweier Flugtickets nach sorgfältiger Bedenkzeit und sind uns einig, mit Tehran eine wahrhaft gute Entscheidung getroffen zu haben.