Schnell wird über eine Agentur das dreitägige Zugticket für zwei RadfahrerInnen im Liegeabteil, Variante Hardsleeper, von Kashgar über Urumqi nach „Pandacity“ Chengdu geordert, dann ziehen wir für eine Nacht in die Jurte auf Federmatratze mit dicker Baumwolldecke. Versorgt sind wir! Crepes und Brownies, ein wenig werden wir bewundert, das feste Vorhaben einfach umgeplant zu haben! Wir schmatzen, schlemmen und sind sehr zufrieden.
Letztes Mal Frühstück im TES, für Pamir RadlerInnen sehr zu empfehlen, zwei Tage Proviant auf dem Bazar aufstocken und dann raus aus der Stadt und hoffen das uns ein Pickup mit nach Sari Tash nimmt. Für den Hitchhike trennen wir uns nochmals kurz von Clément und Matthieu. Gerade rechtzeitig wird das Pappschild mit Hilfe eines Obst- und Gemüsehändlers, der uns bei unserer Ankunft in Osh mit super Englisch empfangen hatte, mit kyrillischen Buchstaben fertig. Da hält bereits ein Pickup am Seitenstreifen, der uns für 1500 SOM zum Zielort mitnimmt. Gegen 15:00 Uhr werden wir abgesetzt und treffen ein zweites Mal auf den Japaner Ken, den wir bereits im TES kennengelernt hatten. An der Weggabelung Pamir/China wünschen wir ihm mit Blick auf die schneebedeckten Berge warme Füße, Hände und eine beeindruckende Reise. Etwas außerhalb der Ortschaft schlagen wir mit Blick in das breite Tal, das Zelt auf einem kleinen Hügel auf. Als ich mit Wasser aus dem Flussbett zurückkomme, steht ebenfalls das französische Zelt mal mit voller Breitseite im Wind, mal in Windrichtung. Kam der Wind als wir das Tal querten noch von Westen und blies gen Osten (vielleicht erinnert die ein oder der andere sich an mittelstarken Seitenwind), so ist er sich beim Abendessen zumindest sicher, dass dies eine Ausnahme war, die sich am Tag drauf frustrierend bestätigt. Dicht hintereinander, immer mit voller Konzentration auf das Hinterrad des nächst Vorderen geht uns an diesem Tag ordentlich die Puste, auch weil es zudem wieder steigt und der Sauerstoffgehalt fällt. Im Wechsel wird rotiert und auf einer Kuppe nach 18km geradeaus im Windschatten der Fahrräder, zwischen denen die grüne Plane steckt, Mittag gegessen. Dort wo einst der Kies und die Erde für die Straße gerückt und bewegt wurden finden wir eine fast ebene, in der Baugrube gelegene Bleibe. Es wird zusammen gekocht, die Jungs waschen sich im Schutze des Zeltes und früh schlüpft jeder/jede zu Bett. China ist ca. zwei Stunden entfernt, sodass wir voraussichtlich noch vor der Mittagspause, für die die Grenze geschlossen wird, einradeln können ins riesige Reich der Mitte.
Es ist noch rabendunkel draußen, still! Ab und an leises röcheln wenn sich weibliche Lungen durch den Nasenkanal füllen, die Zeltplane knistert bei einem seltenen Windhauch und Reisverschlusshalter stoßen im Giebel dort wo der First sitzen würde, hell aber nur ganz leise zusammen. Viel zu früh um aufzustehen, die Ohren so spitz und zu engagiert zu lauschen den stillen Dingen der Nacht. Der Grund der aus Steinchen, Erde und Staub das Zelt trägt knirscht als mache jemand einen Schritt, doch dann dreht sich der Schlafsack dicht gedrängt nebenan und die Zeltplane flappt, weg der Schritt. Doch etwas Spannung im Ohr bleibt und tatsächlich wieder das selbe knirschende Geräusch. Mein Atem stoppt… dann wieder! Doch Leonie zieht Luft und es verstummt. Ganz behutsam entfließt auch mir der Atem, während das Blut in den überempfindlichen Ohrmuscheln gar zu brodeln beginnt. Schritt, Schritt ganz nah! Ohne Zweifel, ganz sicher nicht die Jungs aus dem Nachbarzelt! „Matthieu!“, „Yes Philipp!“ Plötzlich entfernen sich erschreckte Schritte in hastiger Eile die noch eben zwischen dem Zelt standen. Plötzlich ist heller Aufruhr, in Strumpfhosen rauschen die Zeltzipper nach oben und die Lichtkegel der Stirnlampen nach links, rechts und dann mit schnellem Schritt hin zur Straße, um den oder das zu erblicken und zu blenden. Am Rande der Straße im Gras, glühen helle Augen, dort ein Hund, da eine Gruppe Kühe, der Unbekannte zu schnell, wir zu langsam. Zwei Uhr in der Nacht, da soll einer in Ruhe weiter schlafen, Leonie mit Oropax hatte nichts gehört, für sie ganz klar: „War bestimmt ne Kuh!“ einfach weiter schlafen. Irgendwie geht die Nacht vorbei, ich bin heilfroh als es dämmert, so nervös und aufregend war die letzte Nacht in Kirgistan.
Es ist Montag erster Arbeitstag der Grenze nach dem Wochenende und schon von weitem sieht man die kilometerlange Schlange an LKWs, die geduldig auf den Einlass an der Kontrollstation warten. Irkeštam, Ortsnahme und gleichzeitig der Name für den Grenzübergang ist die letzte Möglichkeit übrig gebliebene SOM zu verwerten und ein wenig Vorrat mit nach China zu bringen. Gesagt getan. An einer kleinen Grenzkabine kontrolliert und stempelt der Offizielle die kirgisischen Ausreisestempel aufs Passpapier, auf dem Hügel über uns liegt in roten und gelben Steinen bereits die chinesische Nationalität auf dem Hang. Groß und schwer! Vorbei an dem massiven Abbild radeln wir den Hügel empor und passieren das chinesische Grenzgatter und erreichen nach weiteren vier Kilometern den Verladungscheckpoint.