Vietnam

Hoi An – Le Thanh (27.01. – 07.02.)

 

Nach 2 Wochen in Vietnam fällt es uns zum ersten Mal schwer einen Ort zu verlassen. Gerne hätten wir noch mehr Zeit mit Lanh verbracht und sie so von der täglichen Arbeit abgelenkt. Doch es geht weiter. Einige Abschiedsfotos werden geknipst und lange mit Blick über die Schulter gewunken, bevor wir in Richtung Brücke außer Sicht sind. Es geht noch einmal in die Stadt, Philipp, der Schnäppchenjäger hat im Angebotsprospekt eine Teflonpfanne erblickt, die für günstige 60000 Dong Teil unserer Ausrüstung wird. In der Annahme den Weg zu wissen radeln wir zielstrebig mit Rückenwind am Meer vorbei, bis GPS und Karte zeigen, dass wir auf der im Meer endenden Landzunge nicht unseren Weg fortsetzen können. Im Zickzack geht es zurück, entlang der Strandpromenade, durch Salzwasser-Palmenfelder zur neuen Brücke, die den richtigen Weg markiert. Den Dünendörfern parallel zum Meer in Richtung Süden folgend bekommen wir mehr und mehr freundliche „Hello’s“ zugerufen, die unser Bauchgefühl angenehm überraschen. Der Zeltplatz ist leicht gefunden. Zwischen Strand und Straße befindet sich ein etwa 500m breiter Dünenlandstrich mit Sträuchern, Bäumchen und einzelnen Gräbern, die uns nicht weiter stören. Die Räder unter der Plane versteckt, laufen wir zum Strand. Einsam! So weit das Auge reicht nichts und niemand zu sehen. Ich kann es kaum erwarten und stürzte mich in die mächtigen Schaumwellen, während Philipp den angespülten Meeresmüll durchstöbert und stolz einen intakten Krogs findet. Nachdem die Räder abgeladen sind und ein leckeres Abendessen im Nieselregen verzehrt wurden, gehen wir zufrieden, an dem wohl östlichsten Punkt unsere bisherigen Reise ins Bett.

Das wir mit diesem Ort den Wendepunkt einer Reise Richtung Osten hinter uns lassen wird uns erst in den nächsten Wochen bewusst. Wir folgen einer Straße in die westlich gelegenen Berge auf die Höhe von Tan-An und mit dem Richtungswechsel wechselt sich spürbar die Grundstimmung der Einheimischen, so wie es sich zuvor des Tages bereits angedeutet hatte. Respektvolle, interessierte und herzliche Begegnungen erfahren wir nun täglich und unser vorsichtiges Unbehagen löst sich im Fahrtwind über die Hügelketten auf. Wir treffen ein spanisches Päärchen auf Rädern, die sehr schnell unterwegs sind und im Abfahrtsschwung nur kurz zum Plausch anhalten. Dann biegen wir ab und zelten in einer schattigen Plantage mit steilem Zugang zum Flusslauf und lassen den Tag, der mit viel Sonne eben den Wetterwechsel einläutet, auf uns wirken. Zwei fußläufige Stirnlampen streifen mit Flinte unser Abendessen und lassen sich für drei Minuten von ihren eigentlichen Jagdplänen ablenken. Später hört man nur vereinzelte Schüsse, die sich mit der Zeit entfernen. Wir sind satt und gehen schlafen.

Mit Kaffee, den wir an den Kuhwirt weiterreichen, startet der nächste Tag. Die Kulturlandschaft ist geprägt von Steilhängen, die größtenteils brandgerodet für eingeschränkten Ackerbau nutzbar gemacht werden oder durch Flusstäler, die vereinzelt größere Schwemmflächen aufweisen und zur Trockenzeit Reis und Gemüseanbau zulassen. Tiere werden: Wasserbüffel, Hühner, vereinzelt Ziegen und Enten gehalten. Am Abend schlafen wir in einer Hügelsenke, abseits der Straße und grillen Auberginen für eine iranische Spezialität. Es ist deutlich wärmer als die Nächte zuvor, oft wachen wir klebrig nass auf und sehen gedanklich in die Zukunft wo uns weit höhere Temperaturen treffen werden.

Der frühe Morgen ist die angenehmste Zeit und da wir heute über einen 1400m Pass müssen ist die Motivation groß gleich um 05:30Uhr die Luft aus der Isomatte zu lassen. Schon die ersten Kletteranstiege sind so schweißtreibend, dass die frische Temperatur schnell in weiter Ferne liegt. Mit etwas Glück können wir kurze Strecken am LKW liften und können am frühen Nachmittag den Wind auf dem Zenit des Tages genießen. Die Entscheidung auf einem Seitenkamm mit Blick in das weite tiefe Tal zu campen, fällt leicht. Der Weg mit den Fahrrädern ist dafür ein steiles Manöver durch eine Kaffeeplantage, die gleichzeitig am Rande des Machbaren unser Lager wird.

Retour auf die Asphaltstraße und schon geht es mit Fallgeschwindigkeit am nächsten Morgen hinab. Die Straße gibt uns danach erneut saftige Anstiege. Straßenfunde, wie etwas Draht und Stoff, welcher nach dem Vorratseinkauf im Städtchen, im Schatten von einem Baum am Straßenwall als Kaffeefilter recycelt wird, sind Ablenkung, denn es wird heiß! Die Melone erfrischt und Eiertomaten in der Pfanne sättigen und ergänzen das kleine Frühstück vom Morgen. Am Nachmittag halten wir es nicht lange auf dem Rad aus. Wir sammeln die Tapioka/Maniok (wir sind uns immer noch nicht sicher wo der Unterschied liegt 🙂 ), die von den LKW’s gefallen sind und suchen uns einen Platz im Schatten in Flussnähe. Die Hitze macht uns schwer zu schaffen. Sobald wir im Zelt liegen dauert es keine zehn Minuten bis die Oberflächenspannung des aus den Poren drängenden Schweißes bricht und die Tropfen entlang der Haut rennen.

Früh stehen wir auf der Straße, tanken Wasser, treffen eine Familie die mit vollem Auto zum Neujahrsfest auf dem Weg nach Hué ist, verlieren Leonies zweite Schutzblechverlängerung und treffen auf Simon from the UK, der bereits um 10:30Uhr knapp 80 Kilometer hinter sich gebracht hat und auf dem Weg nach Indien ist. Wir tauschen uns aus und jeder fährt seiner Wege. Gerade haben wir Fahrt aufgenommen da bremsen wir für frittierte Süßkartoffeln und knacken im Schatten das WLAN der Lokation gegenüber. Bis dahin besteht der Tag aus mehr Stopps als gefahrenen Kilometern. In der Mittagsglut erreichen wir Plei Kan eine Provinzstadt in der wir Vorräte auffüllen und unter den Bäumen der Stadtplantage chillen, bevor uns die Sonne erneut die Waden brutzelt und nach weiteren zehn Kilometern der Asphalt durch grobe Schotterpiste abgelöst wird. Selten schüttelt uns die Straße so heftige auf dem Rad hin und her, nach einer verblockten Passage die auf einem ebenen Stück Beton endet, welches Teil einer Brücke ist, lassen wir es gut sein und nutzen Bachlauf und Schatten zum Duschen, Kochen und Waschen, bevor wir im angenehm temperierten Tal ins Bett gehen.

Gut erholt, präsentiert sich die Strecke für die folgenden fünfzehn Kilometer, als eine heftige Offroadpiste, die mit kleinen Seitenstraßen im Pamirgebirge ohne weiteres mithalten kann und zudem das Upgrade der hohen Temperaturen vorzuweisen hat. Die Erleichterung über jedes kleine Stück Asphalt ist immens, denn die Rampen sind dermaßen staubig und das lose Geröll verlangt ein hohes Maß an Fahrgefühl. Kein Wunder, dass die einheimischen Mopeds erst auf sandigen Pisten wider zahlreicher werden. Je dichter die nächste größere Ortschaft, desto besser die Fahrbahn, in Sa Thay erholen sich dann unsere ramponierte Nacken und die leckere Melone von den Girls von der Straße findet später Platz bei Abendessen und Frühstück. Wo? Natürlich in der Gummibaum Plantage.

Die benachbarten Provinzen Kontum und Gialai, lassen uns wanken, Vietnam trotz des 3-Monats-Visums schon bald wieder zu verlassen. Viele Minderheiten leben in den Landstrichen, die Menschen sind offen und herzlich, der ausländische Tourismus fährt, wenn überhaupt nur an den Hotspots vorbei. Die Gegend scheint ebenfalls mehr Gemeinsamkeiten mit dem buddhistisch geprägten Laos zu haben, denn allgemein bekennen sich knapp 80% der Bevölkerung zu keiner spezifischen Religion oder Glaubensrichtung, weshalb auch keine Tempel, sogenannte Wat’s zu finden sind. Doch der Plan steht. Über die Städte Kontum, Pleiku und Mach Den, wollen wir nach Kambodscha radeln. Ein Monat Raderlebnis, ein Monat zusammen, mit Spannung und gribbelnder Vorfreude erwarteten Freiburgerinnen verbringen. Also passieren wir die erste genannte Stadt, erfrischen uns mit kühlem Zuckerrohrsaft und frischer Kokosnuss, erkundigen uns über den medialen Einschlag unseres Zeitungsartikel im world wide Netz luftig schwingender Hängematten und genießen das Leben. Die Straße stadtauswärts ist hoch frequentiert: Busse, LKW, PKW, Ackermaschinen, Roller und Mopeds, dass wir schnell genug haben und uns eine Plantage weit oberhalb der Straße zum nächtigen aussuchen.

Weiter auf dem Weg nach Pleiku, dass es mit seiner freundlichen Bevölkerung in den Lonely Planet geschafft hat, ist der Asphalt schnell und rasant befahren. Was auffällt, sind die vielen weiß markierten Unfallstellen aus jüngerer Vergangenheit, die eine hohe und bedenkliche Unfallstatistik vermuten lassen. In der Kurve, an einem Jackfruchtbaum halten wir um die riesigen stachligen Früchte zu bestaunen, als ein junges Päärchen auf der Straße den Halt verliert und lebendes Gewebe und Scooterlack über den rauen Asphalt in den Graben schmirgeln! Die Szene wiederholt sich noch einige Male in Gedanken, zum Glück, ist außer großflächigen Schürfwunden, Schock und blauen Flecken nichts passiert! Doch in diesem Fall sprüht auch keiner weiße Farbe auf den Unfallort und umrandet menschliche Silhouetten. Konzentriert fahren wir weiter. Blick voraus, Blick in den Rückspiegel, mehr durch Zufall realisieren wir eine Bäckerei am Rande, fast wären wir vorbeigefahren. Ein wenig erinnert der Betrieb an iranische Backstuben, an denen es meist nur zu bestimmten Intervallen frisches Brot zu kaufen gibt. So auch hier, zehn lange Bleche zählt der Betrieb, die entweder vorbereitet oder im Ofen sind. Geht der Ofen auf, stehen die Leute Schlange, sonst tickt eine ruhige Atmosphäre. Einfach lecker, die vom Geschmack zopfähnlichen langgezogenen Brötchen. In Pleiku orientieren wir uns in Richtung Markt und dann nach Westen, auf einer Parallelstraße Richtung Ia Kha. Schwer bepackt zwingt uns die Hitze in schattiges Buschwerk und als am Abend die heiße Nudelsuppe in das innere Zentrum der Schwitzenden eingelöffelt wird, stellt sich wiedererwartend kein Temperaturgleichgewicht sondern nur ein heftiger Schweißausbruch ein, der die FlipFlops ohne Probleme unter Wasser/Schweiß setzt. Herrlich der sandige Boden strahlt nach wie vor seine gespeicherte Hitze ab. Im Zelt steht die Luft und das Schwitzwasser auf dem Boden. Was wollen wir mehr? Ja vielleicht stellen wir zu unserer Sicherheit und zum Ärger der vielen Ameisen, den vor Reishitze strahlenden Bambuskorb ins Zelt? Gesagt getan! Das diese Idee jedoch dazu führt, das des Nachts etliche kleine Ameisen den Weg ins Innenzelt finden und hier und da über uns grabbeln, realisieren wir erst in fortgeschrittener Nacht, als der Juckreiz den Schlafreiz überlagert. Der kleine Eingang ist schnell gefunden und verklebt die Tierchen auch schnell außer Haus, doch die Aufregung lässt den Pegel an Schweiß weiter steigen. Ach! … eine Nacht wie diese ist schön, wenn sie vorbei ist. Doch auch am frühen Morgen lässt uns die Tierchenschar nicht in Frieden, in den Essenstaschen wimmelt es vor Sechsbeinern mit Scherengebiss, doch auch diese Invasion lässt sich schweißtreibend und leicht frustriert in den Griff bekommen.

Vielleicht merkt es der ein oder die andere, wir schwitzen seit Tagen ohne Unterbrechung. Heute als dieser Textabschnitt entsteht (17.04.2016), wir wissen up to date ist anders, hat sich an der Porenäktivität rein nichts verändert, außer dass sie sich gesteigert hat und wir unseren Konsum an Wasser auf acht Liter angezogen haben.

Wir bitten in aller Form um Verständnis auch Schreiben ohne zu schwitzen, ist nicht denkbar. 🙂

Zurück zur Radreise. Mit Rückenwind und leichtem Gefälle sind wir zwei Stunden später ca. Fünfundfünfzig Kilometer weiter und werden zum ersten Mal in Vietnam in einer kleinen Stadt von einem offiziellen Polizist gehindert unseren Weg gen Westen fortzusetzen. Was auch immer vor uns liegt wir wissen es nicht und auch der Beamte weiß nicht wie er es uns sagen soll, bis er am Telefon eine englisch sprechende Assistentin erreicht, die uns etwas unsicher zu verstehen gibt: Zurück nach Pleiku, hier ist kein Weg, überall sind Baustellen, vielen Dank, auf Wiedersehen! Was sollen wir davon halten? 70km zurück nach Pleiku gegen den Wind, davon halten wir beide nix. Nach erneuter Diskussion, scheint es eine Abkürzung zur fünfundzwanzig Kilometer südlicher gelegenen Parallelstraße zu geben, welches unser Kartendatennetz noch nicht kennt. Mit skurrilen Anweisungen und Wegbeschreibungen geht es los. Am Abzweig deutet dann jemand in den Wald in den eine asphaltierte Straße führt. Besser als Schotter denken wir uns und folgen der Abkürzung in einen riesigen Gummibaumwald. Schnell entscheiden wir, in gewohntem Umfeld, sprich in der Gummibaumplantage zu bleiben. Zum Picknick gesellt sich ein junger Vietnamese, der völlig natürlich den Kontakt und den Austausch zu uns sucht, um mit uns die Melone aus dem Städtchen zu teilen. Am Abend entfernen wir uns etwas weiter von der Straße und kochen Maniok/Topiaka mit Krautsalat und sprudeligen Reisnudeln vom Vortag! Es stellt sich heraus, dies sollte keine gute Idee gewesen sein.

Leonie berichtet:

In der Nacht erwachen mit einem grummeligen Gefühl im Magen, das passiert schon mal. Doch das ist anders. Der drängende Zeitdruck für einen kontrollierten Toilettengang drückt mir Schweißperlen auf die Stirn. Je mehr Gedanken ich auf die nächsten Schritte lenke, desto gefährlicher wird die Situation. Jetzt Kopf ausschalten, Reißverschlussschieber ertasten, Zelt öffnen und rauf in die Senkrechte. Weck ist er, eri Kreislauf. Meine Konzentration hält das Blut am After, nicht im Kopf! Wankend torkel ich im Laufkreis drei Meter unkontrolliert außer Greifweite. Sturzentleerung, wie der medizinische Notfall es beschreiben würde. Wimmernd und benommen schaffe ich die drei Meter zurück, tauche kopfüber in Zelt und Isomatte, bevor die Porenspülung aller Schweißöffnungen den Körpers baden lässt! Schöne Katastrophe, welcher Art ist noch nicht klar.

Fünfzehn Minuten später wiederholt sich der Film für Philipp, gleichsam unkontrolliert stolpert er über seine eigenen Glieder und wirft ab was er kann! Nudel in der heißen Fahrradtasche, vielen Dank! Die Ursachenangst schwindet, die Angst, dass unser Klopapier nicht ausreicht wächst. Je ein weiteres Mal schleppt sich jeder ins Freie, bevor wir im Hellen in deutlich besserem Zustand erwachen und froh sind, dass wir das Gebiet um das Zelt und nicht das Innenzelt kontaminiert haben. Dumpfe Kopfschmerzen erinnern uns an dunkle Stunden.

Etwas später gibt es Bananenpfannkuchen und wir können kaum glauben, wie erschöpft und vorsichtig wir frühstücken. Es ist spät als wir mit Mühe auf die Räder klettern, die Sonne brennt senkrecht über dem lichten Blätterwerk, während wir auf der kleinen Straße, blass hechelnd, auf und ab pedallieren. An der T-Kreuzung helfen uns Passanten die richtige Entscheidung zu treffen, wir sind umringt von Interessierten, die uns den Weg mit Stöckchen auf dem staubigen Boden zeichnen, super! Die Blicke lassen vermuten, dass die abgelegene Straße nur selten von RadlerInnen befahren wird. Später an einem offiziellen Eingangstor zu einem Gemeindegebäude, winkt uns ein Passant in den Innenhof. Die Räder sollen im Schatten parken und wir im Office warten. Zunächst wissen wir nicht so recht, wo wir gelandet sind. Pässe werden verlangt und zum Kopierer gefahren, mit viel Mühe und Kilometerangaben wird eine genaue Wegbeschreibung für uns angefertigt, die einer der Polizisten abnimmt und als ausreichend einschätzt. Wir sollen in das kleine örtliche Café folgen, wo zum vorzüglichen Vietnam-Kaffee eingeladen wird. Während der Kaffee tröpfchenweise in die süße Kondensmilch eindippt, knabbern wir geröstete Wassermelonenkerne und freuen uns über nicht kalkulierte nette Begegnungen.

An der nächsten Abzweigung begegnen uns drei kreischende Mädels auf dem Scooter, die erst zögerlich wenden und dann mehrere Selfies mit uns schießen. Eine weitere Familie gesellt sich dazu und die Stimmung steigt. Als die Straße auf die erwartete Hauptstraße trifft ist es bereits später Nachmittag, weshalb wir weit ab der Hauptverkehrsader das Zelt in einer jungen nicht Schatten spendenden Gummiplantage platzieren. Der Abendsonne entgegenblickend verabschieden wir uns langsam von Vietnam, und stellen uns vor, wie das chinesische Neujahrsfest „Tet“, dass in zwei Tagen beginnt, die Vietnamesen in ihren Familien zusammenbringt und wie Lanh gemeinsam mit ihren Eltern und Geschwistern, oben in den Bergen feiern wird.

 

Phong Nha – Hoi An (14.01. – 27.01.)

Vier Tage durch den Dschungel der vietnamesischen Berge. Schon am ersten Tag nach 10km zeigt sich, was wir vermutet hatten. Eine Piste die in gutem Zustand hält was sie verspricht: verschraubte Seitentäler, Ruhe, beängstigend dichter Urwald, springende Affen, vereinzelte Moped-Touristen, leichter Regen, Nebelpässe, Flusstäler, kühle Nächte, schwer vorstellbare Ausblicke und krass viele Höhenmeter im gewohnten 10 bis 12% Niveau. Wir sind froh mehr an Proviant dabei zu haben, als zuvor vereinbart, denn die Abendrationen bringen unsere Töpfe an ihre Grenzen. Doch irgendwo muss die Kraft für den nächsten Tag schließlich herkommen.

Am ersten Abend ist die Straße so verlassen, dass wir hätten auf dem Asphalt das Zelt stellen können, doch der zeltbreite Seitenstreifen, gibt einem etwas mehr die Chance in hartem Schotter, vielleicht doch sechs Heringe in den Grund zu bekommen. Wird eben in der Mitte der Straße gekocht und unmittelbar daneben geschlafen.

Als am Morgen um 8:30Uhr die ersten Fetzen blauer Himmel über das enge Tal ziehen, trauen wir uns aus dem Zelt, das uns vor dem kräftigen Morgenregen sicher geschützt hatte. Schwer und nass liegt es eine Stunde später im Packsack auf Leonie‘s Gepäckträger, um am Mittag auf einem windigen Pass getrocknet zu werden und am Abend am Fluss einer Sandbank erneut zu Hause zu sein. Wenn wir Menschen treffen, dann meist solche die den Kopf schütteln und uns für nicht normal erklären, wenn der Moped-Tourist rauchend von Vietnam erzählt. Das Gespräch mit Xujen, einen Südvietnamesen aus Saigon, der sich ebenfalls erst an den Kopf tippt und dann an den platt gesessenen Hintern, startet ähnlich. Doch er hat volles Verständnis und läd uns in die Hauptstadt zum Kaffee trinken ein, falls wir spontan dort aufkreuzen. Der Gute ist Bootsbauer, Kajaks und Kanus sind seine Leidenschaft. Er empfiehlt uns den Kajakverein im Lande, dem nur etwa 80 Personen angehören und erzählt uns, dass wenn er raus zum Paddeln geht: „I do it like you, I do it the hard way!“ Einmal will er von seiner Haustür aus mit dem Seekajak die gesamte Küste nach Norden paddeln. Im Verein zeigen sie ihm nur den Finger an den Kopp. Dann lacht er und brummt herzlich mit seinem Moped Richtung Laos. Wir murksen den nächsten Anstieg empor, zerstören Leonie‘s Tretlager und finden uns am Abend erneut an einem kleinen Fluss, der Trinkwasser, Dusche und Geschirrspüler in einem bereit hält. Als wir den ebenen Platz geräumt und von kleinen Pflänzchen befreit haben, setzt der erwartete Regen ein. Schnell stellen wir das Zelt und die Taschen hinein. Abendessen und Kochen im Zelt, so begeistert sind wir nicht. Doch dann hört es auf zu schütten und der Abend geht entspannt in unserem Steinvorgarten mit Kürbissuppe zu Ende. Ein letzter Pass, vorbei an Kaffeeplantagen und nach langen Uferkilometern erreichen wir Khe Sanh, eine kleine Stadt nahe der laotischen Grenze in Zentralvietnam. Es ist windig, sehr kühl und immer liegt die Gefahr von Regen in der Luft.

Mit ein Grund weshalb das Gästehaus an der Hauptstraße, uns eine Nacht hält und wir zu Fuß den Markt besuchen können. Am Nachmittag ist die Stimmung der Verkäuferinnen, auf Grund des geringen Andrangs gelassen und viele unterhalten sich über die eigenen Stände hinweg mit den benachbarten Geschäften. Oder sind selbst auf Erkundungstour durch die schmalen teils düsteren Gänge. Wir finden was wir brauchen und eine Vietnamesin findet zudem Gefallen an Leonies Brüsten die sie aus allgemeinem Interesse heraus zum Test anknetet. Die taktile Bevölkerung schreckt vor nichts zurück. Gekocht wird anschließen auf dem Hof, auf dem das Zelt trocknet und uns die Tochter des Besitzers mit etwas englisch und Interesse beiwohnt.

Trocken verpackt geht es am nächsten Morgen die kühlen 500 Höhenmeter ins Tal des Song Hieu. Die Berggipfel sind nebelverhangen und die Luft taunass. Wenn dann der Wind weht denke ich oft an die Jacke die tief in der rechten Hinterradtasche verstaut ist, doch sobald die ersten kleinen sanft ansteigenden Passagen, die eigenen Temperaturen wieder steigen lassen, ist alles gut wie es ist. Entlang des Stroms der uns vorbei an Dong Ha an die Küste bringt, wo er in ein weites Delta mündet sehen wir zum ersten Mal das südchinesische Meer. Oben auf der ein Kilometer langen Brücke atmen wir die salzige Brise und folgen mit dem Blick den Kuttern und kleineren Booten die ein- oder auslaufen. Die Fischeratmosphäre ist nun allgegenwärtig. Entlang der Küste sind alle Häuser mit Equipment und Material für die See ausgestattet. Wir finden in dem Ort nach der Brücke ein kleines bewaldetes Stück abseits der sandigen Straßen, denen wir spontan gefolgt sind, das Versteck genug bietet, um in Ruhe und ungestört zu Kochen.

Hué ist eine Tagesetappe entfernt! Der Weg führt uns durch viele Dörfer und genau in eben so einem spricht uns Bieu, auf dem Roller vorbeifahrend, an. Wenig später sitzen wir auf der Terrasse seines kleinen Häuschens, schlürfen Tee und hören uns Gesänge, begleitet vom Gitarrenspiel, von Romeo und Julia aus seinem Munde an. Etwa eine halbe Stunde versuchen wir uns mit dem Englischlehrer des Dorfes zu unterhalten, was jedoch sehr einseitig verläuft, da unsere Fragen so gut wie nie zu Antworten seinerseits führen. Wieder auf dem Sattel schiebt uns der Rückenwind in 5 Stunden ans Ziel, wo wir für 3 Tage bleiben und die Stadt auf dem Rad und teils zu Fuß erkunden. Die erste Stadt nach Vientiane in Laos, erinnert uns an einen Mix aus China, Baguette und einer touristischen Attraktion in Form des UNESCO Welterbe „der Zitadelle von Hué“, die dem Kaiserpalast der verbotenen Stadt Peking nachempfunden ist. Die Metropole bietet 370.000 Menschen ihren Platz zum Leben und war bis 1945 Hauptstadt. Der Parfüm Fluss teilt die Stadt in zwei Hälften nördlich liegt der alte Stadtkern mit den verwinkelten Gassen Geschäften und Märkten südlich liegt die Universität die für viele Medizinstudenten Anlaufpunkt ist.

Der Regen bleibt uns treu, auch nach den drei Tagen als wir nach Süden weiter fahren hält die Küste reichlich Regen bereit. Langweilig und monoton geht es auf dem Highway dem Wolkenpass entgegen, der laut meteorologischen Aussagen die Regengrenze darstellt. Und genauso ist es, der Aufstieg regnet uns zwar fast vom Rad, doch als der höchste Punkt hinter uns liegt wird die Sicht verheißungsvoll klarer und die Wolken erbarmen sich für Ab- und Weiterfahrt ins nahe gelegene Da Nang, wo wir nach kleiner Diskussion im ländlichen Vorstadt Baugebiet einen winzigen Platz zum Zelten finden. Es bleibt Zeit die Sachen zumindest die Klamotten anzutrocknen, bevor es tags drauf nach Hoi An in eine kleine Provinzstadt nahe der Küste geht.

Die Kulisse ist bereits auf dem Weg dorthin Tourismus pur! Die Strände sind gepachtet für riesige Resort, die teils begonnen teils in der Planung stehen, es erstrecken sich Golfanlagen entlang der Küstenstraße und an jeder Ecke steht der Massentourismus in den Startlöchern, dem wir letztlich auf dem Markt der Stadt begegnen. Gut für uns das unsere Bleibe knapp 5km entfernt vom Kern liegt und unsere Managerin der Lokation eine offene und super herzliche Vietnamesin aus den Bergregion unweit von Hué ist.

Die frischen Temperaturen bleiben uns erhalten, der starke Wind lässt das Meer am Strand schäumen, während die Wellen am Festland und an dem Wall aus Sandsäcken, der die Wellen vorzeitig bricht nagen. Die Küche bietet Raum für Experimente, wie Bananenchips oder frittierte Süßkartoffeln im Teigmantel, oft steht uns Lanh dabei mit Tat und Rad zur Seite, die Abwechslung tut ihr gut sagt sie. Beim Abendessen sitzen wir oft zusammen und erzählen einander, klären Fragen, die auf beider Seiten brennen und verkosten die verschiedenen Gerichte. Zudem ist es Zeit für ein anstehendes Wartungsinterwall, also blinken eines Abends die Räder in neuem Glanz und tags drauf rollen wir mit frischem Narben-Öl aus der Stadt über die neue Brücke hinaus Richtung einsame Küste.

Cha Lo (Grenze) – Phong Na (11. – 14.01.)

 

Es ist nicht viel Betrieb am Einreiseschalter des vietnamesischen Checkpoints und der Beamte nimmt unsere Pässe gleich entgegen. Gut möglich, dass die Reisebusse in der laotischen Baustelle der Passstraße festsitzen, die wir ohne viel Zögern, trotz Gegenverkehrsphase zügig durchfahren hatten. Die Pässe kommen zurück und auf dem 3 Monatsvisa prangt ein roter, fetter Stempelabdruck „USED“! Am Ausgang steht eine Menschentraube, die noch eben im Bus saß. Wir wechseln Kip zu Dong und hoffen in spätestens zwei Tagen einem Geldautomaten zu passieren, denn weiter werden wir mit 130.000 Dong, umgerechnet fast 6$ nicht kommen. Wir machen uns keine Sorgen und lassen die bescheidene Passhöhe hinter uns. Wieder geht es auf- und abwärts, zur Mittagszeit verschwindet die Sonne langsam im Dunst, bei uns schwinden die Energiereserven. Es ist eine einsame Straße, Siedlungen die an der Straße liegen sind laotische Hütten in schäbiger Verfassung und dazu ohne Stelzen.

Meist besteht das Musterhaus aus drei Wänden, die das Haus seitlich und rückwandig schützen, die Fassade vorne zur Straße ist offen und bietet jedem/jeder den Blick auf den buddhistischen Schrein oder rustikale, schwere massive Tropenmöbel. Raumtrenner bestehen aus Vorhang oder verrückbarer Leichtbauwand, meist aus Bambus. Am späten Nachmittag ziehen schwerwiegende Wolken über die Kämme, ein Zeichen anzuhalten und nach einem Schlafplatz zu fragen, was sich bei den steilen Hängen nicht leicht gestaltet. In einer kleinen Siedlung oberhalb des Flusses, dem wir gefolgt sind, machen wir unsere Frage für einen Zeltplatz mit Händen und Füßen deutlich. Die Skepsis überwindet ein älterer Herr, der uns freudig herbeiwinkt und auf die Wiese hinter seinem Haus deutet. Zelt stellen, Küche auspacken, Wasser aufstellen, im Fluss steil unter uns waschen und den linken FlipFlop bei der Zubereitung der Erdnüsse flicken. Alles eine Art Routine, genau wie die paar Kids und Erwachsenen die gespannt zuschauen, welche Variante der FlipFlop Reparatur ich in der Lage bin umzusetzen. Neu sind die Vietnamesen und deren Idee von Privatsphäre, fremden Eigentums und dem persönlichen Qualitätscheck. Unverblümt wird mit jedem Material oder Equipment auf Körperfühlung gegangen und auf Strapazierfähigkeit gezupfelt oder gedrückt. Nervös macht uns meist die Inspektion unseres Zeltes, wenn glühende Zigaretten dicht am Zeltgewebe vorbeischwingen oder gleich mit ins Zelt genommen werden um umständlich den Reisverschluss zu öffnen, um den Blick ins Innenzelt frei zu legen, der dann ebenfalls allen Moskitos offen steht. Waren die Bewohner Laos respektvoll und unserem Verständnis nach, sehr empathisch, fällt es den Vietnamesen leicht uns in eine ständige hab-Acht Atmosphäre zu versetzten. Schließlich trifft zudem die Polizei ein, die zu unserer Überraschung sehr respektvoll agiert und in Erfahrung bringen möchte, was wir hier an diesem Ort vorhätten. Glücklicherweise spricht der Beamte passables englisch und so erklären wir Reise und Erschöpfungszustand, der uns an diesen Ort gebracht hat. „Sehr interessant“ lässt er vernehmen, dann versichert er die freundliche Atmosphäre der Bergbewohner und bietet zudem eine Problemlösung für meinen fragilen FlipFlop an, in dem er direkt zu Nadel und 10fach gelegtem Faden greift. Nach diversen Telefonaten, rücken die beiden Beamten nach einer Stunde auf ihrem Moped ab und wünschen uns eine gute Reise und gratulieren uns, mit Händedruck, zum bisherigen Reisefortschritt.

Mit vollem Völlegefühl, dösend auf dem Rücken liegend, rüttelt es um 21:00 Uhr am Zelteingang! Abendessen aus der Nachbarschaft! Dankbar aber zerstört nehmen wir, nach erneutem Zeltgeschüttel, den Reis und staubtrocken frittierte Fischlies entgegen. Sehr herzlich die Menschen in den Bergen, auch wenn das Timing uns zurück in den Hungermodus drängt.

Am nächsten Morgen verabschieden wir uns, gemeinsames Foto und Händedruck inklusive, dann buckeln wir weiter über die Hügel und Hänge Richtung Phong Nha. Ein Tag ohne Sonne, einem kurzen verhaltenen Regenschauer, etwas größeren Siedlungen in aufgewertetem Erscheinungsbild, Reisfeldern in Flussebenen und viel, sehr viel verwachsener Wald. Am Abend 12km vor Phong Nha, wird die Dorfkuhweide, auf der die Vierbeiner an einer Angel grasen zum Zeltplatz unserer Wahl. Beim Kochen sind wir erneut Attraktion für Jung und Alt, die eben ihre Kuh nach Hause führen oder die zum Fußball spielen gekommen sind. Wir sind beide müde nach 12 Tagen ohne Rast und vielen Metern auf und ab dürsten wir nach Ruhe und Erholung. Doch der Abend spielt uns ein anderes Stück Szenerie. Dauernd müssen wir die Antennen ausfahren ob nicht wieder ein Teeny das Zelt öffnet, weil er gesehen hat das es einen Reißverschluss gibt oder den Nächsten ermahnen, die Klingel am Fahrrad nicht minutenlang an ihr Leistungslimit zu bringen oder die Vorderradleuchte in ihre Einzelteile zu zerlegen. Dann sonnt sich wieder einer provozierend arrogant im Rückspiegel und fingert erst in der Nase und dann am USB-Slot oder an der Spannvorrichtung für Flaschenhalter oder Zeltleine.

Hui wir sind nicht entspannt… at all! Als es dunkel wird, wird das Publikum kleiner. Duschen wäre toll, mit Publikum das scheinbar keine Privatsphäre kennt, ziehe ich also blank und erfrische mich aus dem Wassersack in Kombination mit Shampoo. Dann essen wir im Dunkeln und gehen, nachdem der letzte Zuschauer den Heimweg angetreten hat zu Bett. Es dauert nicht lange, da nähert sich bereits das erste Moped. Dreist und unverschämt hantiert ein halb Erwachsener am Zelt bis wir den Reisverschluss öffnen, bevor er ihn ganz zerstört. Dann drängt er sich mit seinem Scheinwerfer ins Zelt und wir spüren die ersten uns unliebsamen Erfahrungen. Als er erneut grob mit dem Innenzelt wird und „Money!“ „Money!“ von sich gibt, was das einzig Wort ist, mit dem er sich vorstellt, öffne ich blitzschnell den Reisverschluss. Das ich nackt bin scheint ihn zu erschrecken, er springt auf, sattelt das Moped während ich den Selfi-Stock ziehe und brennt mit heißen Rädern über die Weide Richtung ferner liegendem Dorf.

Bescheuert! So etwas unnötiges, aber die Erfahrung hält uns in einer nervösen Stimmung, die einzig und allein durch ein einziges Erlebnis schwer abzulegen ist. Die Nacht wird unerholsam, komische Träume, komische Geräusche ums Zelt. Um halb fünf stehen wir auf und widmen uns dem Frühstück.

Wir sind fremd, denken an die Flüchtlinge und deren Familien zu Hause, die als EU-Neulinge weit häufiger, heftigere Erfahrungen machen… Unsere Erfahrung im Vergleich sanfter negativer Art!

Es vergehen zwei Wochen in Vietnam bis wir die Stimmung abgelegt haben. Auch weil wir bei alltäglichen Besorgungen größtenteils das Gefühl haben überdurchschnittlich viel Geld für Gemüse, Eier oder Reis zu zahlen. „Schade denken wir oft, denn es wird seitens der Einheimischen kein Hehl daraus gemacht, das diese Art gängige Praxis ist!

Phong Nha liegt am Song River ein komischer Ort, der zur Hälfte aus Hostels besteht, wie „Backpacker In“, „Backpackers Dream“ „Backpacker Hostel“ oder „Wild Tiger“, dass zu den ersten Touristenhäusern zählt, die aus Beton gegossen die 2,5km lange Hauptstraße säumen. Der Ort bietet nichts außer zerstreute Gruppen an Rucksackreisenden die im Bus von der Küste angeliefert werden oder solche die mit dem geliehenen Moped ankommen. Es ist kühl, es nieselt die zwei Tage die wir in einem kleinen Zimmer mit Doppelbett rasten. Die scheinbar größte Grotte/Höhle der Erde liegt keine 10km entfernt von hier, doch wir können uns nicht so recht vorstellen in der gleichen Atmosphäre, wie sie der Ort ausstrahlt eine Tour zu buchen und eine der drei Höhlen zu besichtigen. Also verlassen wir das Nest in Richtung einsamer Berge, über die westliche Hoh Chi Ming Road.