Sommer, Sonne, Strand und Meer, das ist was Sihanoukville verspricht und da die Entfernung mit 97 Kilometern entlang der Küste uns hoffen lässt die Distanz innerhalb eines Tages zu bewältigen, starten Leonie und ich am frühen Morgen mit dem üblichen Gepäck in Richtung Stadtausgang. Das Freiburger Team hat sich für den Bus entschieden und wird am Vormittag ganz gemütlich am Eingang zu Simon’s Village abgeholt. Wir verabschieden uns von den Akteuren der Ferienanlage, die uns zehn Tage interessiert beobachtet hatten, denn kaum ein Gast bleibt länger als vier Tage in Kampot und zudem sind die Einheimischen meist irritiert das ihre traditionellen Bambushütten solchen Anklang bei den reichen Reisenden finden, wohingegen sie selbst ein „modernes Haus“ aus Stahl und Beton jederzeit bevorzugen würden, da es Status und Fortschritt symbolisiert.
Auf der Straße ist der Wind zur Hälfte der Zeit mit uns. Das Verkehrsaufkommen ist gering genau wie die Attraktivität der Umgebung. Nur an den seltenen kleinen Bächen oder Flüssen, die aus dem Gebirge rechts von uns zum Meer strömen, findet sich Leben. Kleine Fischerdörfer und Landwirte die das Ackerland rings um die Dörfer bestellen, bunte hölzerne Schiffe und kleine Märkte am Straßenrand sowie Fischmärkte, die längst ihre Waren verkauft haben, lassen sich beim Passieren der Ortschaften registrieren. Es ist noch früh die ersten dreißig Kilometer liegen dank vorzüglichem Rückenwind bereits hinter uns, weshalb wir entspannt an einem kleinen Kiosk am Rand der Nationalstraße halten und Eiskaffee mit Klebereis aus unseren Radtaschen essen. Oft wird gegähnt, die Augen werden sich gerieben und leider fühlen sich siebenundsechzig Kilometer einfach noch weit an. Doch mit schweren Knochen heben wir uns auf den Sattel und setzen den Ritt fort. Nach erneuter selbiger Distanz dreht der Wind – Mist – doch sind wir froh überhaupt in den Genuss gekommen zu sein und weil wir gerne ankommen möchten schneide ich den Wind und Leonie kurbelt mit all ihrer Energie am Rande der Kraftreserven am Hinterrad hinterher. Als der Körperakku empty vermeldet ist auch die Stimmung an diesem Tag am Tiefpunkt angelangt. Erst waren wir hoch riskant von ignoranten Lastenwagenfahrern von der Straße gedrängt worden, dann kam der Energie Knockout, dazu die restlichen Kilometer über hügliges Gelände, was bis dahin nicht transparent kommuniziert wurde. Pause, Trinken und Kalorienaufnahme, dazu Geduld und aufbauende Worte, nach einer halben Stunde rollen wir langsam weiter, es ist erst 11:45Uhr. Tatsache die Hügel haben es in sich, nach fünfzehn Tagen Pause gleich eine Lange Etappe zu radeln ist offensichtlich und dafür muss man nicht wirklich helle sein, der Hauptgrund für unseren Erschöpfungszustand. Mit etwas Krach, der aus einem verpassten LKW-Lift rührt erreichen wir nach frustrieten Wortgefechten den zweiten Hügel und biegen ab zur Küste. Bergab und auf flacher Piste erreichen wir unsere gebuchte Unterkunft 13:15Uhr und keine fünfzehn Minuten später springen auch Dafna und Simone aus dem Tuktuk, welches sie vom Stadtzentrum nach Otres gebracht hat. Wohl überrascht uns beide bereits auf dem Gelände anzutreffen, welches zweckmäßig und scharmlos anmutet und weit entfernt ist von einer lokalen Atmosphäre, wie sie in Kampot spürbar war. Take it easy! Und das tun wir, denn wir sind hier für Strand, Sonne und Gemeinsamkeit.
Mit den Resten aus der Vorratstasche, wird nach dem Strandspaziergang und schwankenden Wellen im Wasser, traditionell vor der Haustür gekocht. Dabei sind wir anhaltend im Prozess uns an die neue Lokation zu adaptieren und fangen an die Nachbarschaft in Augenschein zu nehmen. Sihanoukville und drei andere Spots plus ein paar kleine Inseln sind in Cambodia die einzigen Urlaubstrände und der Tourismus ist die letzten Jahre wie eine Lawine über die Strände gerollt. Resort an Resort eines hässlicher als das nächste, umso glücklicher sind wir über die Zeit die wir in Kampot verbracht haben, einem echten Ausnahme-Wohlfühl-Ort.
Die Tage, weit außerhalb der Stadt sind entspannt, Stress kommt in der Regel nur auf, wenn wir in die Stadt auf den Markt fahren. Hier wird stets das zwei bis dreifache für die Waren verlangt und die Stimmung leidet beim Einkauf für die einfach alltäglichen Dinge erheblich, doch sind wir froh über die Option eines Kühlschranks in unserem Bungalow und wenn wir die Preise mit den Restaurants im Umkreis vergleichen, sind wir immer glücklich die Option einer Küche zu haben.
Ich selbst bin auf diesem Urlaubsabschnitt unverständlicherweise oft schnell gereizt und tue mich schwer, was mir sonst so leicht fällt, die Dinge nicht so ernst zu nehmen. Tag für Tag ist dies eine Herausforderung, welche die Allgemeinstimmung empfindlich in den Abgrund zieht. Die Lösung oder die ersten Schritte zur Lösung sind eines Abends, sehr persönliche und direkte Gespräche mit der Gruppe der Frauen über mein anstrengendes Verhalten, meine Art der Kommunikation, der Teilhabe an gemeinsamen Unternehmungen und der Art meiner Entscheidungsgewalt. Was mir unglaublich hilft und worüber ich sehr dankbar bin, das meine Freundinnen so mutig und ehrlich zu mir sprechen können. Danach ist zwar nicht alles 100% doch vieles mit mir gestaltet sich einfacher und der Ernst weicht den Alltagssituationen.
Die Tage bis zum Abschied werden plötzlich schnell immer weniger und dann eines Vormittags ist es plötzlich 10:30Uhr, nach langen Gesprächskalkulationen und diversen Möglichkeiten, hatten sich Simone und Dafna für den Bus von Sihanoukville nach Bangkok entschieden, trotz der medialen Reisewarnungen und unzähligen Fällen von Diebstählen und Betrugs auf der besagten Strecke. No Risk No Fun! 🙂 So entspannt war zumindest Dafna zu Beginn der Option nicht. Doch letztlich lief alles reibungslos und beide kommen nicht erholt aber ohne schlechte Erfahrungen in Bangkok an, wo sie eine Nacht vor ihrem Flug nochmal tief schlafen und darauf den Flieger besteigen und mächtige Distanz in kürzester Zeit zwischen sich und uns bringen.
Als der Shuttlebus die Beiden bittet einzusteigen fließen Tränen unser aller Gefühl ist beklemmend und alle haben wir schwer zu schlucken, wir erinnern uns an die vielen Erlebnisse zusammen, an das Gefühl zu viert, an den Geruch der Beiden, an Bilder, an feste Umarmungen, an Bananen-Boost, an gemeinsamen Schweiß, an so gute Freunde die gerade um die Ecke biegen und auf dem Weg nach Hause sind.