Shiraz – Isfahan (20. – 25.08.)

Von Leonie

Beim nach Isfahan werbenden Kopiloten der Busgesellschaft „Persian express“ finden wir, zunächst zu unserem Entzücken, den vordersten Platz am persischen Rasiosender, als dieser gepaart mit Lichteffekten die ganze Nacht auf gleichbleibender Lautstärke singt wechselt unsere Freude in müde Resignation. Die ersten Sonnenstrahlen genießen wir bereits in Isfahan, nach morgendlichen Fitnessübungen an den Geräten des nächsten Parks und einem kleine Frühstück sind wir fit für eine früh morgendliche Stadterkundung. Der Imam-Platz mit der riesigen Imam-Moschee lässt uns ein erstes Gefühl der so stimmungsvollen Stadt erhaschen. Wie beeindruckend steht die Imam Moschee mit ihrer riesigen Kuppel am einen Ende des rechteckigen Platzes, der rundherum von einer Mauer in deren Vorderseiten unter Rundbögen zahlreiche Geschäfte und Lädchen sind, eingefasst ist. An den Längsseiten stehen sich die Lotfullah Moschee und der Palast gegenüber. Faszinierende Bauwerke aus vergangener Zeit. „Isfahan ist die Hälfte der Welt!“, wie ein persisches Sprichwort sagt, mit den Eindrücken und der spürbaren Stimmung gibt es keinen Zweifel daran, dass es zu Hochzeiten der Seidenstraße so gewesen sein muss. Der Bazar erwacht gerade als wir uns, durch die meist noch leeren Gänge unter der gewölbten Decke auf den Weg zu Reza und seiner Familie machen. Auch die beiden Brüder scheinen eben erst erwacht zu sein. Herzlich empfangen uns Reza und Majid im ersten Stock des kleinen Mehrfamilienhauses an der Tür der Familienwohnung. Teppiche, Deckchen, benutztes Geschirr, ein paar Kekse, Trauben und Kabelchaos aus Rezas Zimmer, mittendrin sitzen wir im Wohnzimmer und lernen die beiden Brüder kennen. Reza, leidenschaftlicher Bastler und von Beruf Laptop-Reparateur hat in seinem Zimmer, das gleichzeitig Garage, Schlafstätte und Werkstatt ist kaum Platz um einen Fuß vor den anderen zu setzen. Majid der jüngere Bruder genießt das lange Schlafen, englische Serien und etwas zeichnen bevor er in wenigen Monaten sein Studium aufnehmen möchte. Die beiden lieben Radfahren und erradeln gemeinsam auf kleineren und größeren Mountainbiketouren die nähere Umgebung.

Mit Majid erkunden wir am späten Nachmittag im armenischen Viertel der Stadt die Vank-Kathedrale, eine christliche Kirche, die von den in Isfahan lebenden Armeniern erbaut und genutzt wird. Das angrenzende kleine Museum gibt einen Einblick in die Geschichte der im Iran lebenden Armenier. In der untergehenden Sonne sitzen wir wenig später am Ufer des Zayandeh-Rood, bzw. an dessen ausgetrocknetem Flussbett, denn auch hier macht sich der Wassermangel bemerkbar. Wasser gibt es im Sommer im Fluss schon lange nicht mehr, schade sonst könnte es einen fast an unsere Wahlheimat und hiesige Partnerstadt Freiburg erinnern. Stattdessen bestaunen wir die, in vielen Bögen das Flussbett überspannende Khadju-Brücke und finden uns später begleitet von Nasrin und deren Mutter, beides Freunde der Jungs auf der ebenso schönen Sio-Se-Pol Brücke wieder. Singende Isfahanis beweisen unter den Brückenbögen die Künste der persischen Musik und als Reza und Narges, Nasrins Schwester, dazu gestoßen sind, zieht die lachende und albernde Meute weiter zum Abendessen. Die Truppe junger Isfahanis ist voller Energie und guter Stimmung. Nasrin, die seit 1 ½ Jahren in Deutschland wohnt und studiert besucht gerade die Familie, Narges ihre Schwester, kennt Reza von der Arbeit in der Elektronikreparatur, dessen sie sich kurz, aus Interesse gewidmet hat, sie selbst jedoch handelt mit Aktien an der Börse. Die beiden Schwestern lachen, scherzen und albern, sodass jeder sogleich von dem lauten Gelächter der beiden angesteckt wird. Wir haben einen schönen Abend und fallen gewohnt spät im Werkstatt-Garagen-Zimmer ins Bett.

Da unsere Räder sicher bei Ahmad in der tehraner Garage stehen sind wir mittlerweile zu richtigen Wanderern geworden. Davon überzeugt sich Majid ausdauernd am nächsten Tag, als wir gemeinsam „die Hälfte der Welt“ zu Fuß erkunden. Sichtlich geschafft erwarten alle das Picknick am späten Nachmittag im Park. Heute ist Autofreiezone in der Innenstadt, daher tummeln sich zahlreiche Fußgänger, Fahrradfahrer und –Innen, die der konservativen Regelung des Radfahrverbots für Frauen trotzen und mit Stolz ihrem Sport nachgehen. Am Folgetag, als die Räder von Reza und Majid nicht gebraucht werden, dürfen wir diese ausleihen und die Stadt im Sattel erkunden. Auch ich werde mehrfach darauf angesprochen, vorsichtig zu sein, da es sich als Frau nicht gehört in der Stadt Fahrrad zu fahren. (Für weitere Infos: http://www.ibtimes.com/womens-rights-iran-2016-bicycle-protest-fatwa-spawns-social-media-campaign-change-2421065 )

Am Abend haben wir eine Verabredung mit Narges, alle sind eingeladen, sie in ihrem Häuschen zu besuchen. Es ist herrlich! Sie wohnt in einem kleinen Museum! Das alte Häuschen der verstorbenen Tante steht ihr voll und ganz zur Verfügung, die Einrichtung aus den 70er Jahren, Bilder von alten Verwandten, die typischen persischen Teppiche und manch eine Türe, bei der wir alle beim Durchschreiten den Kopf einziehen müssen. Auf der großen Terrasse sitzend wird viel gelacht, ein leckeres Abendessen gegessen, auf Persisch, Deutsch und Englisch viel erzählt. Ein Abend mit Freunden!

Wir fühlen uns so herrlich wohl, dass schnell entschieden ist noch einen Tag hier zu bleiben und die Zeit wie richtigen Urlaub, abseits von Regeln und Normen des öffentlichen iranischen Lebens absolut genießen können. So ungezwungen, offen und herzlich ist hier der Umgang miteinander. Ein Gaumenschmaus folgt dem nächsten und mitten auf dem persischen Teppich wird zu Mittag „Krumbereplätzscha und Appelkompott“ aufgetischt, denen am Abend eine frische „Obe-Doogh-Rial“ (Joghurt – Gurken – Suppe) folgt…mmmhhh!

Dann heißt es Abschied nehmen von den vier uns so lieb gewonnenen Isfahanis! Herzliches Drücken und der Wunsch sie irgendwann in unserem zu Hause willkommen zu heißen begleiten das Winken und die Gedanken.

 

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