Von Leonie
Nach diesem tollen Einstieg, geht es nach drei Tagen weiter. Es ist kein Problem einen Bus nach Kerman zu finden, die Fahrer rufen mit lauter durchdringender Stimme die jeweils angefahrenen Städte über den Platz: „Tehran, Tehran, Tehran!“, „Shiraz, Shiraz, Shiraz!“, „Kerman, Kerman, Kerman!“ So sitzen wir wenige Minuten nach Ankunft am Terminal bereits im Bus. In Kerman sind es Leila und ihre englischsprachige Freundin Nargess, die uns erwarten. Zwei taffe Frauen, die sich mit Radfahren und Bergsteigen ihre Freizeit gestalten. Leila wohnt, unverheiratet, alleine in einer Wohnung, was für iranische Verhältnisse untypisch ist. Beide sind sehr interessiert an unseren Abenteuern und Leila selbst bereitet sich gerade auf eine geführte Radtour von Baku nach Batumi vor. Die beiden sind sehr bemüht uns ihre schöne Stadt näherzubringen und so geht es nach erfrischender Melone und leckerem Chai gemeinsam zu einer kleinen Stadtranderkundung und zum weiter außerhalb gelegenen Fathabad Garten, einer persischen Gartenanlage. Kashk Bademjoon, gemeinsam mit vielen nachtschwärmenden Iranern im stimmungsvollen Park schmausend, klingt der Abend schließlich auf den persischen Schlafmatten in Leilas Gästezimmer aus.
Der große alte Bazar mit seinem geschäftigen Treiben, den Innenhöfen und der angrenzenden Freitagsmoschee bieten alles an nützlichen und weniger nützlichen Waren. Tomaten, Gurken, Käse und Brot finden ihre Abnehmer und Verzehrer im anliegenden Fleckchen grün inmitten des Straßenkreisels. Der Tag verfliegt wie im Nuh, bei guter Stimmung während dem gemeinsamen Abendessen wandert die Unterhaltung mit Hilfe von Hand, Fuß und der englischen Sprache über das Leben im Iran, die Religion und deren Auslegung zum Reisen und Entdecken neuer Menschen, Länder und Kulturen. Kurz zweifelnd, ob wir tatsächlich noch heute in den Nachtbus nach Shiraz steigen sollen oder doch den schönen Abend hier ausklingen lassen.
Früh am Morgen stehen wir in Shiraz, zur selben Zeit, etwa 10km westlich von uns, hat Asad bereits sein allmorgendliches Fitnessprogramm absolviert und erwartet uns im eigens für Radreisende bereitstehenden verwaisten Kinderzimmer seines, nun in Stuttgart studierenden Sohnes Ehsan. Bevor wir jedoch in unserem Zimmer, ausgestattet mit Bett, Tisch und Stühlen, die Toilette gleich nebenan, in der „Pension Asad“ unser Frühstück einnehmen können, wehren wir die Taxifahrermeute ab, “Mister Mister, Taxi! Taxi! Taxi, Mister!“ ruft es uns aus allen Richtungen ununterbrochen entgegen. Alles „No!“, „Nein!“ und „Na, merci!“ helfen nichts, bis wir zur typischen Geste für nein greifen. Ok, verstanden, es wird nicht mehr gefragt! Stattdessen finden wir, getrennt nach Geschlechtern im Stadtbus Platz. Asad, mitte 60, senior-schlank, spricht sehr gutes Englisch, scheint froh über den wechselnden Besuch zu sein, denn er unterhält uns immer wieder mit kleinen Geschichtchen und Anekdoten. J Seine Frau Farkhonde bekocht uns vorzüglich, so wie bereits von Ehsan in seinem Warmshower-Profil ankündigt, leider sehen wir sie sonst kaum und auch das Ehepaar scheint wenig in Kontakt miteinander zu stehen, solange es nicht um die Essenszubereitung geht, die absolut in Farkhondes Hand liegt.
Ausgiebig ausgeruht wird gegen Abend der nächstgelegene Park für einen Spaziergang genutzt und bunte Unterhaltung stellt sich an jeder Ecke ein. Sei es mit Ben, einem backpackenden Australier, vielen Iraner die für kurz oder länger an unserem Gespräch teilnehmen oder die verschiedenen Bäcker in deren heiße Stuben wir nur zu gerne lucken. Es ist schön diese Offenheit und das ganz selbstverständliche aufeinander zugehen und miteinander ins Gespräch kommen wieder zu erleben.
Nicht nur die Stadt erschließt sich uns ein wenig in den nächsten Tagen, auch den Garten der Familie, 30km außerhalb der Stadt dürfen wir besuchen. Äpfel-, Nuss- und Feigenbäume sowie Trauben und Granatapfelsträucher, deren Früchte auf das Ernten warten, stehen trocken auf ummauertem etwa 40 x 40m Boden. Das im Süden des Landes herrschende Wasserproblem wird uns wieder vor Augen geführt. So richtig zum Entspannen läd uns der wüste, trockene Garten nicht ein. Das lässt auch Asads Zeitplan nicht zu, denn nach dem Erklimmen des nächsten Berges im Laufschritt unter glühender Hitze fahren wir schon wieder zurück ins naheliegende Shiraz.
Mit dem Bus in die Stadt, durch kleine Sträßchen, vorbei am regen Bazartreiben kommen wir am Grabmal des Shah-e Cheragh raus, den man, im Gegensatz zu den meisten Moscheen umsonst besichtigen kann. Der Schador, für Touristen weiß, sodass man wie ein weißes Schaf in der schwarzen Menge sofort heraussticht, liegt am Eingang bereit, die einheimischen Touristenführer sind direkt zur Stelle und führen uns, auch wieder getrennt, durch die riesige und prachtvolle Anlage. Wir bummeln von Moschee zu Moschee, über den großen Bazar, der in der Hauptsache aus Plastikkleidung und Stoffen besteht hin zum Park um dort bei iranischem Picknick die Eindrücke von dieser deutlich größeren und touristischeren Stadt, bei frischen, nur so im Munde schmelzend-süßen Datteln auf uns wirken zu lassen.