Koh Kong – Bangkok (05. – 18.04.)

Vor der Grenze Thailands, scannt Kambodscha zum Abschied unsere Fingerabdrücke und gewährt uns den Ausreisestempel mit gewohnter harter Treffsicherheit. Vor gut einem Monat war der Kontrast nicht so deutlich, doch an diesem Tag, als wir auf dem Boden des Königreichs stehen und mit dem Blick zurück nach Kambodscha im Anschluss nach vorne schauen, ist Thailand eine andere Welt. Die Straße entlang der Küste ist feinster Asphalt, frisch und in grellem weis am Rande markiert. Die Vegetation, so glaubt man, ist kaum aufzuhalten, in jede Richtung wächst tief saftiges Grün. Eine Farbe die in Kambodscha nur bei unreifen Papayas zu finden war. Hier wird gerade „the king of the fruits“ auf bunte und bedrohlich röchelnde LKW’s verladen. Nachdem wir an acht geschmacks- und duftintensiven Durian Verkaufsständen auf die erst Kuppe der feinen Straße getingelt sind, macht uns der Straßenverlauf große Augen. Das Ganze erinnert an eine Überfahrt auf rauer wilder See. Dreißig Meter hohe Bodenwellen rollen an der Küstenstraße auf uns zu. Mit Schwung und viel Druck in den Pedalen, fällt das Fahrrad wie ein Geschoss in die Senke und klebt anschließend auf halber Strecke im Gegenhang wie Kaugummi auf der Straße. Ein etwas konzentrierterer Blick sagt uns 3km und 18 überlebte Wellen später, dass sich noch fünfzig Kilometer Monsterwellen auf uns zu bewegen. An der nächsten Kuppe geben wir auf und springen in einen der LKWs, die so laut röcheln. Die Ladefläche ist leer der Fahrer brummt uns über die nun nur als Bodenwellen wahrnehmbaren, energiezerstörenden Hügel und wir brutzeln mit all unserem Hab und Gut auf der Ladefläche durch die Sonne. In Trat ist der Ritt vorbei! Der nette Fahrer lässt uns noch zwei Flaschen Wasser da und springt strahlend zurück in seine Fahrerkabine, an der nächsten Ampel sehen wir ihn ein letztes Mal winken, dann biegt er ab.

Die Räder rollen im Anschluss vorbei an Supermärkten, Werkstätten und viel Verkehr, der sich nun auf ebenem ruhendem Asphalt, lärmend an uns vorbeidrückt. In Thailand wird der Kauf eines Autos wohlwollend vom Staat gefördert, was eine Fülle an Pickups auf die Straße schwemmt. Der Mix aus diesem und herzlich freundlichen Thais, lässt uns die Straße erneut verlassen. Erst sitzend erneut auf einer LKW-Ladefläche, dann auf einem Speed-PickUp der uns abenteuerlich nach Klaeng katapultiert, wo wir beim Essen den Gedanken spinnen mit Glück gar noch am selbigen Tag in Bangkok anzukommen.

In Blickweite zum Restaurant, es fängt gerade an zu dämmern, stehen wir mit gepackten Rädern an einer ampelorganisierten Kreuzung und nutzen die fünfzig Sekunden des stehenden Verkehrs, um das geeignete Auto nach einem per Anhalter durch Thailand Ritt zu fragen. Wie nicht anders zu erwarten, nickt uns ein junges Päärchen in der 21 Sekunde der Rotphase zwinkernd zu und wir verladen unsere vier Räder zum letzen Mal für diesen Abend auf andere vier der Selben. Die Beiden sind auf dem Weg nach Bangkok! Ich sag nur 21.

Es ist spät! 23:30Uhr die Straßen sind fast leer und nachdem wir uns mit Selfie und herzlicher Umarmung von Beiden verabschiedet haben, cruisen wir durch zwei Blocks zu Grannys Bed and Bike, die uns verwundert aber offen für zwei Nächte aufnehmen. Fahrradfahren und mit dem Rad auf Tour sein, ist seit ein paar Jahren besonders hip in Thailand. Genau wie für alle Scooter oder Pickups, ist für jeden Geschmack das passende Rad mit diversen Optionen zum pimpen dabei. Parn und seine Frau Neemo haben aus ihrer Leidenschaft für Fahrräder vor ein paar Jahren angefangen ihre Wohnung als Gästehaus umzugestalten. Gleichzeitig soll dieses Jahr die Fahrradwerkstatt, die zur Zeit in den Keller gequetscht ist in den neuen Laden einziehen, der kurz vor der Fertigstellung steht.

Das Publikum ist überschaubar: Bernd (48) aus Kaiserslautern und ein junges Paar aus der Schweiz. Etwas in Eile sind wir, denn das buddhistische Neujahr steht in 3 Tagen vor der Tür. Dann schließen die Tore der Botschaft von Myanmar für zehn Tage. Rechnen wir die Zeit für ein Visa mit dazu, sind wir vierzehn Tage an Bangkok gebunden, was unserer Idee des Bangkokaufenthalts nicht so ganz entspricht.

Der Antrag läuft glatt, doch die To Do – Liste ist lang: Zeltreisverschluss in Meterware und Schieber von YKK finden, Displayschutz für den neuen Kamerabody, Ladegerät für Kameraakkus, neues Ladekabel für ein Iphone, Papiere vorbereiten um die Erlaubnis für die Beantragung eines Pakistanvisums zu beantragen und Fahrradcheckup, sowie eine Grundreinigung vornehmen.

Nach zwei Nächten im Gästehaus ziehen wir am späten Abend zu Familie Dramé, nicht weit vom Chatuchak-Markt im Norden der Stadt. Als wir etwas verwirrt vor einem riesigen Wohnkomplex stehen ist es Niyma, die uns am Haupteingang empfängt und uns hilft die Räder und all die Taschen in den Aufzug zu stapeln. Auf Etage 11 kommt der Lift zum Stehen. Der Turm aus Taschen findet erneut seinen Platz am Fahrrad und am Ende des breiten Flurs, öffnet uns Abdu mit breitem schmunzeln und in aller Höflichkeit die Tür und bitte uns in die geräumige Wohnung, in die wir die Räder problemlos hineinschieben. Abdu begleitet uns durch die Wohnung, zeigt uns Küche, Badezimmer, Kinderzimmer, den Balkon von dem der Blick auf den großen Swimmingpool fällt und bringt uns dann in unser Gästezimmer. Wir sind so baff und glücklich wie zu Hause. Abdu setzt sich gemütlich zurück auf die Coach, wo er seine Lesebrille zur Hand nimmt, sein Tablet entriegelt und weiter den aktuellen News des Senegals seine Aufmerksam schenkt. Wir setzen uns mit Niyma (17) an den Tisch im Wohnzimmer und essen zusammen den restlichen Salat. Niymas Papa ist Senegalese, mit Ulle seiner Frau aus Darmstadt hat er zwei Kinder, der Sohn ist nach seinem Abi nach Aachen zum Studieren. Die drei zusammen sind eine offenherzige und über alle Grenzen hinweg interessierte Familie. Es wechseln die Sprachen zwischen deutsch, englisch, französisch, mandinka und woloff, je nach Situation.

Im Verlauf der Woche, sind wir einmal am Schalter 46, der deutschen Botschaft um unseren Einzel- oder Sonderfall zur Beantragung eines pakistanischen Visas außerhalb des Heimatlandes offiziell gegenzeichnen zu lassen, dann bei unserem pakistanischen Freund im Büro des pakistanischen Konsulats, der in der Vergangenheit bereits für ein Jahr in Berlin zu Hause war. Er bittet uns auf Deutsch um Verständnis und Geduld bezüglich der Papiere, die er nach Islamabad schicken wird. Gerade liegt eines der verheerendsten Selbstmordattentate in der Stadt Lahore, dem einzigen internationalen Grenzübergang zwischen Indien und Pakistan, sechs Tage zurück. Mit Antwort auf unsere Papiere können wir in zwei Wochen bis zwei Monaten rechnen. :-/

Wie angekündigt feiert das buddhistische Land dieser Tage das Fest des Wassers (Songkran), so wird in den Straßen mit klein- und großkalibrigen Wasserpistolen mal mit Vorwarnung mal aus heiterem Himmel auf einen geschossen. Die größte Fete steigt dabei in der Innenstadt, hier ist am Ende jeder/jede triefend nass bei Musik, Essen und einer Menge Fun unter Thais, die ihr Songkran Fest mit aller Freude, hoch feiern. Als wir mit Ulle zurück im Apartment sind hat uns drei das Wetter fast getrocknet, ein unerschrockenes Kämpferbild zeigt später das geringe Ausmaß an Verletzungen.

Bis auf den Besuch, des in der Nähe gelegenen Basars der kurz gesagt alles verkauft, was zu Geld zu mache ist, spenden wir mehr Zeit im Apartment Dramé, als außerhalb. Bei Pancakes, Crêpes, Curry, Pizza und gebrutzeltem Nan in der Pfanne. Leonie puzzelt mit Ulle ein Karton nach dem anderen, ich chille und lese Nachrichten, wir Beide sind müde unsere Beine und Köpfe rufen nach Pause, nachdem der Urlaub mit Simone und Dafna der erste Vorgeschmack war.

Ein- oder zweimal verschieben wir dieser Tage unsere Abreise. Doch an einem Vormittag brechen wir auf Ulle und Niyma geleiten uns zum Ausgang wir schießen ein letztes Selfie und drücken die beiden herzlich. Dann sind die Straße, Pedale, Sattel und Lenker unsere gewohnten Kontaktpunkte.

Am Nachmittag sind wir am Ziel im Speckgürtel von Bangkok hat sich das Päärchen aus Polen, Bart und Monika, in einer polnischen Community eingemietet. Es sind Tage die an unseren Urlaub bei Ulle, Niyma und Abdu nahtlos anschließen. Mit köstlichem Essen, Geschichten von Reisenden und aus der eigenen Heimat, beim Planschen im nahe gelegenen Schwimmbad, lernen wir die Beiden in vier Tagen nochmal neu kennen. Eine gemeinsame Zeit, die wir sehr genießen wohlwissend, dass Beide ihre letzten Tage in Thailand verbringen und abschließend den Flieger nach Hause besteigen. Beide werden uns tief in Erinnerung bleiben, Polen liegt um die Ecke, den Wunsch die Erinnerungen aufzufrischen teilen wir alle gemeinsam.

 

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